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Belting – eine Gesangstechnik mit zwei Medaillen-Seiten

Verfasst von Ben Müller

Das Musiklexikon von A-Z ist ein Nachschlagewerk, in dem die wichtigsten Begriffe und Konzepte der Musiktheorie erklärt werden. Mehr dazu findest du im Beitrag.
Das Musiklexikon von A-Z

Definition: Belting – Was ist das?

Belting ist eine Gesangstechnik, bei der der Sänger oder die Sängerin die Stimme kraftvoll und durchdringend im oberen Brustregister einsetzt. Durch die Kombination von Brust- und Kopfstimme entsteht ein intensiver, lauter Klang, der besonders in Musical-, Pop- und Rockmusik häufig verwendet wird. Belting ermöglicht es, emotionale Höhepunkte und dramatische Aussagen wirkungsvoll zu unterstreichen, erfordert jedoch eine sorgfältige Technik, um die Stimmbänder nicht zu überlasten.

Laut und kraftvoll klingt es, wenn Whitney Houston den Refrain von “I will always love you” anstimmt, Christina Aguilera auch stimmlich den “Fighter” rauslässt oder wenn Jessi J einem den Refrain von “Who you Are” entgegen zu rufen scheint. Die Gesangstechnik dahinter nennt sich “Belting”, manchmal auch als “Edge” bekannt. Nicht selten wird ein Song erst zu dem was er ist, indem die Bridge in eben dieser Technik gesungen wird, starke Adlips durch Belting entstehen oder der letzte Ton dank Belting auch Sekunden nach dem Song noch nachklingt. Eine beliebte und ausdrucksstarke Technik – welche Sänger*innen jedoch falsch angewendet oder zu oft mit ungeübter Stimme eingesetzt auch die gesunde Stimme kosten kann. Wie die beiden Seiten der Belting-Medaille aussehen, wie Belting richtig trainiert wird und welche Möglichkeiten die Gesangstechnik bietet, das erfährst du in diesem Beitrag.

Was versteht man unter Belting?

Die Technik des Beltings ist nicht, wie vielleicht einige vermuten würden, erst mit moderner Musik entstanden. Belting fand erstmals in Zeiten Anwendung, in denen an Verstärkung durch Technik und Mikrofone noch nicht zu denken war. Damals wurde die Technik rein im Sinne der Lautstärke genutzt, um auch ohne Mikrofon die Bühne und den Saal mit der eigenen Stimme füllen zu können. In den 30er Jahren wurde Belting zum Beispiel durch Stars wie die Vaudeville- und Musical-Sängerin Ethel Merman bekannt und etablierte sich nach und nach im Vaudeville (einer Frühform des französischen Schlagers), Shows und Revues. Das Aufkommen des Rock’n’Rolls gab dem Belting dann den letzten Schubs in Richtung populäre Musik und seit den 80ern gehört die Technik zum Standard bei vielen Richtungen der populären Musik.

Wenn Sänger*innen belten, klingt der Ton sehr kraftvoll, stark und laut. Letzteres muss jedoch nicht unbedingt der Fall sein: ein gebelteter Ton kann durchaus, wenn auch selten, etwas leiser sein und dem Ton lediglich den kraftvollen metallischen Klang verleihen. Dieser Klang wird auch als “hart” oder “kantig” beschrieben, weshalb die Gesangstechnik gerne zum Beispiel im Rock oder Jazz angewendet wird. Doch auch im Pop Gesang, Musical, Gospel, Soul und sogar in der klassischen Musik hat Belting einen festen Platz. Während es in der populären Musik besonders bei Frauen beliebt ist, belten im klassischen Gesang oft Männer. Wenn ein Tenor beispielsweise kraftvoll und im Fortissimo in höhere Tonlagen kommen möchte, wird er das im Belt tun. Dass Männer auch in populären Musikrichtungen belten, zeigte unter anderem Freddie Mercury sehr eindrucksvoll in den Refrains Adlips der Queen-Klassiker “The Show must go on” (Youtube) oder “Don’t stop me now” (Youtube).

Belting – eine Gesangstechnik mit zwei Medaillen-Seiten

Bekannte Belter und Belterinnen

Selbst, wenn du bisher noch nichts von der Gesangs-Technik gehört hast oder sie zumindest noch nicht als solche benennen konntest, wirst du mit Sicherheit viele Sänger*innen kennen, die regelmäßig belten. Als Beispiel haben wir dir hier ein paar dieser bekannten Belter*innen aufgeführt: 

  • Jessie J 
  • Ariana Grande 
  • Janis Joplin 
  • Beyoncé 
  • Barbra Streisand 

Damit sind hier nur einige von vielen talentierten Sänger*innen genannt, welche das Belting perfekt beherrschen. Wenn du die Ohren bewusst offen hältst, wirst du Belting öfter hören als du denkst. 

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Wie Belting funktioniert

Doch was müssen Sänger*innen eigentlich tun, um einen Ton zu belten? Einfach nur laut und hoch singen reicht dafür bei Weitem nicht und könnte sogar zu Schäden an den Stimmbändern führen. Belting ist nicht umsonst eine Gesangstechnik, für die es Übung und vor allem Kenntnisse über den eigenen Gesangsapparat braucht. Besonders die Stütze, Mundhaltung und die Ansteuerung von Kehlkopf und Stimmbändern sind für ein gesundes Belting wichtig. Gut beschrieben und mit Übungen untermalt wird die Technik in Cathrine Sadolins “Komplette Gesangstechnik” – einem der Standardwerke, wenn es um Gesangstechniken geht. 

Die Stütze als Sicherheitsmechanismus

Nach Sadolin braucht es für gesundes Belting zunächst eine ausgeprägte Stütze. Hierbei wird quasi gegen den natürlichen Drang des Zwerchfells, die eingeatmete Luft wieder herauszulassen, gearbeitet. Dafür werden die Muskeln der Taille und der Solarplexus nach außen geschoben und die Bauchdecke nach innen gedrückt, während der Rücken angespannt ist. Diese starke Rumpfhaltung ermöglicht es, Töne länger zu halten oder eben mit einer Technik wie dem Belting kraftvoll und stark zu singen. Wichtig ist hierbei, Töne mit der Stütze nicht raus “drücken” zu wollen, sondern wirklich gezielt die Rumpfmuskulatur und weitere Techniken, wie die Haltung des Munds, zu nutzen. Hast du das Gefühl zu drücken, ist deine Stütze oder die Technik noch nicht ausgeprägt genug und du solltest weiter üben, um deiner Stimme nicht zu schaden. Sitzt die Technik, sollte singen und belten nie anstrengend sein oder einen hohen Energieaufwand bedeuten. 

Tipp: Ein gewisses Maß an “Gesangsfitness”
Ihr seht also, dass Singen nicht beim Hals aufhört. Zwar müsst ihr kein Hochleistungssportler*innen mit Sixpack sein, jedoch kann eine ausgeprägte Rumpfmuskulatur durchaus dazu beisteuern, euch das Singen bestimmter Töne und Techniken einfacher zu machen. Wenn ihr also hin und wieder die Woche Sport macht, konzentriert euch doch mal auf die Rumpf- und Bauchmuskulatur und beobachtet, wie das eure Stütze und das Halten der Töne beeinflusst, indem ihr die Muskulatur bewusst beim Singen ansteuert.

Der richtige “Twang”

Neben der Stütze ist der sogenannte “Twang” ein Hauptbestandteil der Belting-Technik. Der Twang spielt sich hauptsächlich im Kehlkopf ab, genauer gesagt am Kehlkopf-Trichter, welcher über den Stimmlippen sitzt. Twang entsteht, indem die Öffnung des Kehlkopf-Trichters verkleinert wird. Dadurch wird die Stimme klarer und lässt kaum Hauch zu, was wiederum den Stimmapparat schützt. Beispiele für den Twang-Klang sind zum Beispiel schreiende Babys, schnatternde Enten oder ein meckerndes Katzen-Miau. Insgesamt also ein nasal klingender, quietschiger Sound. Neben dem bekannten Klang, kannst du Twang auch durch bestimmte Haltungen deines Stimm-Apparats finden: 

  • “Presse” deine Mundwinkel zusammen 
  • Hebe leicht deinen Kopf und damit den Kehlkopf 
  • Forme deine Zunge “breit” 

Besonders der zweite Punkt ist sehr wichtig. Sobald du nämlich deinen Kehlkopf senkst, wird der Ton abbrechen und deine Stimme kann Schäden davontragen. 

Warum Belting nichts mit der Bruststimme zu tun hat

In Sängerkreisen hält sich hartnäckig das Gerücht, um zu Belten zu können, müssten Sänger*innen “einfach nur” die hohen Töne in der Bruststimme singen. Das ist jedoch ein fataler Fehler und überlastet den empfindlichen Stimmapparat rund um den Kehlkopf und die Stimmbänder.  

Brust- und Kopfstimme:
Die Stimme kann beim Singen in Brust- und Kopf-Stimme, auch genannt Brust- und Kopfregister, unterteilt werden. Die Bruststimme ist meist auch die Stimme, mit der wir sprechen. Sie fällt den meisten also in normalen Tonlagen und normaler Lautstärke leicht. Dabei schwingen die Stimmbänder langsamer und sind weiter geöffnet, als bei der Kopfstimme. Die dabei entstehenden Schallwellen breiten sich besonders im Brustraum aus – daher der Name. Die Bruststimme klingt von Natur aus stärker und klarer als die Kopfstimme, welche mit deutlich mehr Hauch eingesetzt wird und sehr leicht klingt. Erreicht ein Ton eine bestimmte hohe Tonlage, müssen Sänger*innen irgendwann von der Brust- in die Kopfstimme wechseln. Beide Register sollten problemlos beherrscht und gewechselt werden können, bevor Sänger*innen mit Belting beginnen – denn: Es gibt auch ein Mixregister! Und genau das wird beim Belting eingesetzt.  

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Wie du die Gesangstechnik üben kannst

Damit bei deinen ersten Belting-Versuchen auch nichts schief geht, haben wir die wichtigsten Punkte noch einmal für dich zusammengefasst: 

  • Hab keinen Hauch oder Nebenluft auf der Stimme – so schonst du deine Stimmbänder 
  • Achte auf deine Stütze und steuere diese gezielt an  
  • Stelle deinen Gesangsapparat auf Twang ein und bleibe in dieser Haltung 
  • Dein Unterkiefer sollte fest sein (geübte Belter können ihn später auch lockern und so Variation in den gebelteten Ton bringen) 
  • Übe das Belting zunächst mit hohen Tönen und erlaube deiner Stimme laut zu werden 
  • Mit ein wenig Übung kannst du später auch tiefere Töne und etwas leiser belten, das solltest du jedoch deiner Stimme zu Liebe eher selten tun! 

Jetzt möchten wir dir noch zwei kleine Belting-Übungen mit auf den Weg geben: 

  1. Suche dir einen Part eines Songs aus, den du belten möchtest. Diesen Part singst du jetzt nicht mit dem normalen Text, sondern auf “Nje” oder “Nä”. Durch diesen Laut hast du automatisch deinen Twang (wir erinnern uns an das schreiende Baby) und wirst die Töne einfacher belten können. Erst wenn der Part auf “Nje” oder “Nä” klappt, wechselst du zum Text. 
  2. Um die Kraft beim Belting zu kontrollieren und anzusteuern, kannst du den Part auch im “Bubbling” singen. Nehme dir dafür ein Glas mit Wasser und einen Strohhalm. Nun nimmst du den Strohhalm und “singst” den Part ins Wasserglas. So stützt du automatisch mehr, um den Ton durch den engen Strohhalm zu bekommen. Danach sollte dir der Part normal gesungen deutlich leichter fallen. 

Abschließend wollen wir noch einmal betonen, dass Belting eine wirklich großartige Gesangs-Technik ist, welche aber eben mit Vorsicht zu genießen ist. Die Kritik an Belting kommt daher, dass es zu oft ungeübt eingesetzt wird. Stellt ihr euren Stimmapparat jedoch vernünftig auf das Belting ein und übt, bevor ihr es in Songs einsetzt, ist die Technik in keiner Weise gefährlich oder schädlich und ihr könnt eure Töne mit Kraft und Ausdrucksstärke dem Publikum entgegen schmettern. 

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