Amy - das tragische Schiksal der Amy Winehouse
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Laut und kraftvoll klingt es, wenn Whitney Houston den Refrain von “I will always love you” anstimmt, Christina Aguilera auch stimmlich den “Fighter” rauslässt oder wenn Jessi J einem den Refrain von “Who you Are” entgegen zu rufen scheint. Die Gesangstechnik dahinter nennt sich “Belting”, manchmal auch als “Edge” bekannt. Nicht selten wird ein Song erst zu dem was er ist, indem die Bridge in eben dieser Technik gesungen wird, starke Adlips durch Belting entstehen oder der letzte Ton dank Belting auch Sekunden nach dem Song noch nachklingt. Eine beliebte und ausdrucksstarke Technik – welche Sänger*innen jedoch falsch angewendet oder zu oft mit ungeübter Stimme eingesetzt auch die gesunde Stimme kosten kann. Wie die beiden Seiten der Belting-Medaille aussehen, wie Belting richtig trainiert wird und welche Möglichkeiten die Gesangstechnik bietet, das erfährst du heute hier im mukken-Blog.
Die Technik des Beltings ist nicht, wie vielleicht einige vermuten würden, erst mit moderner Musik entstanden. Belting fand erstmals in Zeiten Anwendung, in denen an Verstärkung durch Technik und Mikrofone noch nicht zu denken war. Damals wurde die Technik rein im Sinne der Lautstärke genutzt, um auch ohne Mikrofon die Bühne und den Saal mit der eigenen Stimme füllen zu können. In den 30er Jahren wurde Belting zum Beispiel durch Stars wie die Vaudeville- und Musical-Sängerin Ethel Merman bekannt und etablierte sich nach und nach im Vaudeville (einer Frühform des französischen Schlagers), Shows und Revues. Das Aufkommen des Rock’n’Rolls gab dem Belting dann den letzten Schubs in Richtung populäre Musik und seit den 80ern gehört die Technik zum Standard bei vielen Richtungen der populären Musik.
Wenn Sänger*innen belten, klingt der Ton sehr kraftvoll, stark und laut. Letzteres muss jedoch nicht unbedingt der Fall sein: ein gebelteter Ton kann durchaus, wenn auch selten, etwas leiser sein und dem Ton lediglich den kraftvollen metallischen Klang verleihen. Dieser Klang wird auch als “hart” oder “kantig” beschrieben, weshalb die Gesangstechnik gerne zum Beispiel im Rock oder Jazz angewendet wird. Doch auch im Pop Gesang, Musical, Gospel, Soul und sogar in der klassischen Musik hat Belting einen festen Platz. Während es in der populären Musik besonders bei Frauen beliebt ist, belten im klassischen Gesang oft Männer. Wenn ein Tenor beispielsweise kraftvoll und im Fortissimo in höhere Tonlagen kommen möchte, wird er das im Belt tun. Dass Männer auch in populären Musikrichtungen belten, zeigte unter anderem Freddie Mercury sehr eindrucksvoll in den Refrains Adlips der Queen-Klassiker “The Show must go on” (Youtube) oder “Don’t stop me now” (Youtube).
Selbst, wenn du bisher noch nichts von der Gesangs-Technik gehört hast oder sie zumindest noch nicht als solche benennen konntest, wirst du mit Sicherheit viele Sänger*innen kennen, die regelmäßig belten. Als Beispiel haben wir dir hier ein paar dieser bekannten Belter*innen aufgeführt:
Damit sind hier nur einige von vielen talentierten Sänger*innen genannt, welche das Belting perfekt beherrschen. Wenn du die Ohren bewusst offen hältst, wirst du Belting öfter hören als du denkst.
Doch was müssen Sänger*innen eigentlich tun, um einen Ton zu belten? Einfach nur laut und hoch singen reicht dafür bei Weitem nicht und könnte sogar zu Schäden an den Stimmbändern führen. Belting ist nicht umsonst eine Gesangstechnik, für die es Übung und vor allem Kenntnisse über den eigenen Gesangsapparat braucht. Besonders die Stütze, Mundhaltung und die Ansteuerung von Kehlkopf und Stimmbändern sind für ein gesundes Belting wichtig. Gut beschrieben und mit Übungen untermalt wird die Technik in Cathrine Sadolins “Komplette Gesangstechnik” – einem der Standardwerke, wenn es um Gesangstechniken geht.
Wer ist Cathrine Sadolin?
Cathrine Sadolin ist besonders in der Stimmforschung ein großer Name. Die Sängerin arbeitet weltweit als Vocal-Coach und Vocal-Producer und hat 2002 sogar eine Diplom-Ausbildung entwickelt, bei welcher sich sowohl Sänger*innen als auch Gesanglehrer*innen nach ihrem Prinzip der kompletten Gesangstechnik weiterbilden können. Seit 2005 gibt es das “Complete Vocal Institute”, welches heute als das größte Gesangsinstitut für professionelle und semiprofessionelle Sänger*innen in Europa gilt. Im Buch unterteilt sie die Stimme in vier “Vocal-Modes”: Neutral, Curbing, Overdrive und Edge. Letzteres steht bei ihr für das Thema dieses Artikels, das Belting. Nach Sadolins Auffassung ist jede Stimme mit den richtigen Übungen in der Lage, alle vier Modes einsetzen zu können.
Nach Sadolin braucht es für gesundes Belting zunächst eine ausgeprägte Stütze. Hierbei wird quasi gegen den natürlichen Drang des Zwerchfells, die eingeatmete Luft wieder herauszulassen, gearbeitet. Dafür werden die Muskeln der Taille und der Solarplexus nach außen geschoben und die Bauchdecke nach innen gedrückt, während der Rücken angespannt ist. Diese starke Rumpfhaltung ermöglicht es, Töne länger zu halten oder eben mit einer Technik wie dem Belting kraftvoll und stark zu singen. Wichtig ist hierbei, Töne mit der Stütze nicht raus “drücken” zu wollen, sondern wirklich gezielt die Rumpfmuskulatur und weitere Techniken, wie die Haltung des Munds, zu nutzen. Hast du das Gefühl zu drücken, ist deine Stütze oder die Technik noch nicht ausgeprägt genug und du solltest weiter üben, um deiner Stimme nicht zu schaden. Sitzt die Technik, sollte singen und belten nie anstrengend sein oder einen hohen Energieaufwand bedeuten.
Tipp: Ein gewisses Maß an “Gesangsfitness”
Ihr seht also, dass Singen nicht beim Hals aufhört. Zwar müsst ihr kein Hochleistungssportler*innen mit Sixpack sein, jedoch kann eine ausgeprägte Rumpfmuskulatur durchaus dazu beisteuern, euch das Singen bestimmter Töne und Techniken einfacher zu machen. Wenn ihr also hin und wieder die Woche Sport macht, konzentriert euch doch mal auf die Rumpf- und Bauchmuskulatur und beobachtet, wie das eure Stütze und das Halten der Töne beeinflusst, indem ihr die Muskulatur bewusst beim Singen ansteuert.
Neben der Stütze ist der sogenannte “Twang” ein Hauptbestandteil der Belting-Technik. Der Twang spielt sich hauptsächlich im Kehlkopf ab, genauer gesagt am Kehlkopf-Trichter, welcher über den Stimmlippen sitzt. Twang entsteht, indem die Öffnung des Kehlkopf-Trichters verkleinert wird. Dadurch wird die Stimme klarer und lässt kaum Hauch zu, was wiederum den Stimmapparat schützt. Beispiele für den Twang-Klang sind zum Beispiel schreiende Babys, schnatternde Enten oder ein meckerndes Katzen-Miau. Insgesamt also ein nasal klingender, quietschiger Sound. Neben dem bekannten Klang, kannst du Twang auch durch bestimmte Haltungen deines Stimm-Apparats finden:
Besonders der zweite Punkt ist sehr wichtig. Sobald du nämlich deinen Kehlkopf senkst, wird der Ton abbrechen und deine Stimme kann Schäden davontragen.
In Sängerkreisen hält sich hartnäckig das Gerücht, um zu Belten zu können, müssten Sänger*innen “einfach nur” die hohen Töne in der Bruststimme singen. Das ist jedoch ein fataler Fehler und überlastet den empfindlichen Stimmapparat rund um den Kehlkopf und die Stimmbänder.
Brust- und Kopfstimme:
Die Stimme kann beim Singen in Brust- und Kopf-Stimme, auch genannt Brust- und Kopfregister, unterteilt werden. Die Bruststimme ist meist auch die Stimme, mit der wir sprechen. Sie fällt den meisten also in normalen Tonlagen und normaler Lautstärke leicht. Dabei schwingen die Stimmbänder langsamer und sind weiter geöffnet, als bei der Kopfstimme. Die dabei entstehenden Schallwellen breiten sich besonders im Brustraum aus – daher der Name. Die Bruststimme klingt von Natur aus stärker und klarer als die Kopfstimme, welche mit deutlich mehr Hauch eingesetzt wird und sehr leicht klingt. Erreicht ein Ton eine bestimmte hohe Tonlage, müssen Sänger*innen irgendwann von der Brust- in die Kopfstimme wechseln. Beide Register sollten problemlos beherrscht und gewechselt werden können, bevor Sänger*innen mit Belting beginnen – denn: Es gibt auch ein Mixregister! Und genau das wird beim Belting eingesetzt.
Damit bei deinen ersten Belting-Versuchen auch nichts schief geht, haben wir die wichtigsten Punkte noch einmal für dich zusammengefasst:
Jetzt möchten wir dir noch zwei kleine Belting-Übungen mit auf den Weg geben:
Abschließend wollen wir noch einmal betonen, dass Belting eine wirklich großartige Gesangs-Technik ist, welche aber eben mit Vorsicht zu genießen ist. Die Kritik an Belting kommt daher, dass es zu oft ungeübt eingesetzt wird. Stellt ihr euren Stimmapparat jedoch vernünftig auf das Belting ein und übt, bevor ihr es in Songs einsetzt, ist die Technik in keiner Weise gefährlich oder schädlich und ihr könnt eure Töne mit Kraft und Ausdrucksstärke dem Publikum entgegen schmettern.
Du möchtest vom Profi lernen, wie du dich am besten an die Belting-Technik herantasten kannst? Dann findest du auf mukken.com mit Sicherheit passende Gesangslehrer*innen. Wenn du schon Belten kannst, wartet vielleicht in unserem Musikerportal bereits eine Rockband oder eine Jazz-Kombo, die sich über dich freuen. Oder du gehst selbst auf Musikersuche, registrierst dich bei uns und schaltest eine Anzeige. So oder so – Wir freuen uns auf dich!
Ursprünglich veröffentlicht am 22. März 2021 aktualisiert am 5. Juni 2023