Harfe lernen – so machst du die ersten Schritte
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Wenn man es in der Welt der Musik zu etwas gebracht und einen regelrechten Mythos um seine Person generiert hat, dann ist das quasi die Nonplusultra-Krönung. Speziell im Hip-Hop- und Rap-Bereich dreht sich fast alles um das Präsentieren eines Charakters, der oder die das Prinzip Authentizität verkörpert. Ganz besonders im Gangsta-Rap. Kaum ein anderer Künstler im deutschsprachigen Bereich hat dabei derartige mythologische Wellen geschlagen wie der Bonner Rapper und Entrepreneur Xatar. Dahinter steckt Giwar Hajabi, wie der Künstler mit bürgerlichem Namen heißt. Am 15. Dezember 2009 war er nachweislich an einem irren Goldraub bei Ludwigsburg involviert, der bis zum heutigen Tag für Fragezeichen über den Köpfen sorgt.
Schweigen ist halt Gold – und genau dieses Schweigen wird durch den Hamburger Kultregisseur Fatih Akin mit seinem Film Rheingold ein wenig durchbrochen. Einem Film, der das dramatische Leben von Xatar spektakulär in Szene setzt. Normalerweise dreht Fatih Akin daheim in Hamburg, doch dieser Film erzählt eine Geschichte, die den halben Globus umspannt. Daher wurde neben Deutschland auch in den Niederlanden, Marokko und Mexiko gedreht. Der junge aufsteigende Schauspieler Emilio Sakraya besetzt die Titelrolle.
Die Handlung vom Film Rheingold beginnt in einem syrischen Gefängnis, ein Jahr nach dem unglaublichen Raubzug auf einen Goldtransporter. Hier drohen Xatar eine Menge unmenschlicher Folter, die er über sich ergehen lässt. Denn sein Schweigen wird nicht gebrochen. Gleich zu beginnt macht sich eine Intensität breit, die Angstzustände bereitet. So zusammengepfercht und entmenschlicht hocken die Insassen aufeinander, dass es einem unwohl wird. Die gesamten Gefängnisszenen entstanden tatsächlich in Berlin, wo eine Menge arabischer Komparsen innerhalb kürzester Zeit zusammengetrommelt werden konnte – das berichtet jedenfalls Fatih Akin.
Kurz darauf gibt es einen Zeitsprung, der die Eltern von Xatar und deren revolutionäres Gedankengut in deren Heimat näher beleuchtet. Sein Vater Eghbal Hajabi war Musikprofessor und renommierter Komponist in der heimatlichen Region des Iran. Fatih Akin ist es gelungen, an originale Partituren des Musikers zu gelangen und diese originalgetreu im fertigen Film wiederzugeben. Währenddessen veranschaulicht Rheingold die kämpferische Natur von Xatar´s Mutter, welche ihn unter den schwierigsten Bedingungen innerhalb kriegerischer Auseinandersetzungen zur Welt brachte.
Nach der ersten Anlaufstelle Frankreich geht es Mitte der 80er-Jahre für die kleine Familie, inklusive der jüngeren Schwester in die ehemalige deutsche Hauptstadt Bonn. Der Vater geht seinem Beruf als Dirigent nach, nur um binnen kürzester Zeit ein Verhältnis zu haben und die Familie für sein neues Glück zurückzulassen. So lernt der junge Giwar zunächst seine genetische, musikalische Begabung zu verabscheuen und gerät unverzüglich mehr und mehr auf die schiefe Bahn. Bald findet er noch einen Halt im Kampfsport und verwandelt sich nach und nach in sein Alter Ego, Xatar.
Über kurdische Familienbande verschlägt es ihn als jungen Erwachsenen nach Amsterdam. Dort macht er sich einen Namen als Bouncer für eklatante Nachtclubs. Dort verkauft er zusätzlich harte Narkotika in Mengen und wird in immer gewalttätiger werdende Konflikte verstrickt – denn er ist Teil der kurdischen Mafia geworden. Eines Tages jedoch gehen ihm und seinen Kollegen mehrere Hunderttausend Euro durch die Lappen und das Geld muss schnell wiederbeschafft werden, da sonst der Zorn der Organisation ihn treffen wird. Ein Goldraub könnte die Waage wieder ins Gleichgewicht bringen.
Durch seine Kollaboration mit Xatar, der immer aktiv hinter den Kulissen mitwirkte – vor allem als Dialog-Coach – gelang es Fatih Akin, den Film Rheingold wie eine Oper aufgebaut zu inszenieren. Verschiedene Akte der Epik sind inkludiert und es wird eine mythologische Verbindung zu dem Rheingold aus der Klassik geknüpft. Die Figur Xatar wird sehr menschlich gezeichnet. Selbst Menschen, die der Musik des Bonner Rappers nicht wohlgestimmt sind, werden ihn nach Sichtung des Filmes in einem ganz neuen Licht sehen. Xatar als Wort entstammt übrigens dem Kurdischen und bedeutet übersetzt „Gefahr“. Eine Botschaft an alle ihm feindselig gestimmten Personen.
Nachdem er als Jugendlicher vermehrt über den Tisch gezogen wurde und im schlimmsten Fall Prügel einstecken musste, begann Xatar hart zu trainieren. Um eine körperliche Bedrohung zu werden. Dieses imposante Erscheinungsbild verlieh ihm seinen Künstlernamen. Eine spezielle Szene im Film, welche den Ablauf von Xatar´s Rache an seinen Mobbern beleuchtet, ist so dynamisch und kinetisch inszeniert, wie es aus kontemporären koreanischen Produktionen bekannt ist. Der Raubüberfall auf den Goldtransporter wird hingegen mit einer starken Dosis lakonischem Humor behandelt und besticht durch seine irre Situationskomik.
Letzten Endes bleibt noch zu fragen, wie es denn mit dem musikalischen Aspekt des Filmes aussieht? Der Fokus des Hamburger Filmemachers liegt klar auf den monumentalen Anstrengungen, denen die Menschen ausgesetzt sind. Menschen, die sich ein neues Leben in einem der reichsten Länder der Welt aufbauen. Dies ist auch in seinen bisherigen Werken zu beobachten. Eine echte Handschrift des Auteur-Regisseurs. Erst im letzten Drittel, nachdem Xatar in einem deutschen Gefängnis ankommt, wechselt der Fokus auf die musikalische Figur Xatar. Nachdem ihm sein entfremdeter Vater besucht, fängt Xatar an, durch Schmuggeleien an Equipment zum Aufnehmen von Musik zu gelangen. Im Schnelldurchlauf wird dann der Prozess der Produktion zu Xatar`s erstem Album „Alles oder Nix“ gezeigt, was für einige interessante Bilder sorgt.
Am Ende möchte sogar ein Gefängniswärter für seinen Sohn eine signierte Kopie haben. Der erste Moment, in dem Xatar sein Album in den eigenen Händen hält. Die Kraft der Musik kann buchstäbliche Berge versetzen und ist ein schönes Schlussplädoyer für den Film und Xatar´s bewegtes Leben. Die Inklusion von Richard Wagner´s „Rheingold“ gibt dem Film eine zusätzliche positive Konnotation. Wagner war bekennender Rassist und Antisemit, was zu seinen Lebzeiten keine Abweichung der gesellschaftlichen Normen darstellte. Nun bediente sich Akin an seinem beeindruckenden musikalischem Werk. Um Wagner ́s Ideologie umzukehren und aktiv dafür zu nutzen, um ein Statement gegen Fremdenhass jeglicher Art zu setzen. Xatar selbst hat es nicht treffender beschreiben können: Fatih Akin hat es geschafft, Xatar zu einem untrennbaren Teil der deutschen Mythologie werden zu lassen.
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Ursprünglich veröffentlicht am 28. Januar 2023 aktualisiert am 8. März 2023