Amy - das tragische Schiksal der Amy Winehouse
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Eine der wohl prägendsten Aspekte der menschlichen Erfahrung gibt uns Menschen die Möglichkeit, die Komplexität der Existenz durch künstlerisches Schaffen darzulegen und tiefer zu ergründen, sei es durch darstellerische Kunst, expressiver Lyrik und Prosa und vor allem das Kreieren von Musik; ein Meta-Kommentar auf das Sein in Form abgekoppelter Schwingungen, welche das Innere nach außen transportieren soll. In ihrer Essenz ist die Musik womöglich diejenige expressive Kunstform, welche am treffendsten den menschlichen Konflikt näherbringt in etwas Spürbares und Nachempfindbares, daher die schier unbegrenzt anmutende Masse an verschiedensten musikalischen Ergüssen, welche das gesamte Spektrum des Mysteriums Mensch zusammenbringt. Es folgt ein kurzer Exkurs in Kvelertak´s Kosmos.
Nordische Mythologie und beinharter Rock´n´Roll, eine Zusammenpaarung, die dazu prädestiniert erscheint, entweder in etwas überaus Kitschiges, wenn möglich sogar schon in bierernste faschistoide Ahnenanbetung abzudriften, wie es in der jüngeren Vergangenheit häufig der Fall war, oder aber eine 180 Grad Wendung einzulenken und glorreiche, optimistische und vor allem Sprachbarrieren zerschmetternde Klänge zu erzeugen, die es vermag, alle Welt zu Ehren des Rock´n´Roll gleichzeitig gemeinsam tanzen und feiern zu lassen.
Wenn der Fokus dann auf den nordischen Raum liegt, in diesem Fall Stavanger in Norwegen, so erscheint eine häufige Korrelation zwischen den Mythen von einst und rotziger Rockmusik in Form von Kvelertak, was sich in etwa als Würgegriff übersetzen lässt und der Name ist musikalisch wegweisend, denn genau dies wird hier geboten: kompromissloser, spielfreudiger und absolut hingebungsvoller Rockn
Roll, welcher sich aus den Komponenten Classic Rock, Hardcore Punk und Black Metal, gewissermaßen der (un-) heiligen Dreieinigkeit des Rock´n´Roll, zusammensetzt und als ungestümer Berserker durch die Boxen gejagt wird, oder bei dem die Menge live von ihren hymnischen Hooks elektrisiert und fest im (Würge-)Griff gehalten wird.
Während andere prominente nordische Vertreter wie etwa Amon Amarth eher zu einem peinlich anmutenden Gimmick im Laufe ihrer Karriere mutieren, indem sie sich zu arg in Klamotte schmeißen und reaktionäre Parolen auf eine verzerrte Nostalgie für eine Zeit, die kein jetzt lebender Mensch jemals erlebt hat beschwören, Manowar-Galeere als obligatorische Bühnenrequisite inklusive, um auf Odin komm raus einen Anflug von artistischer Authentizität zu erzeugen, letzten Endes aber nur im ungenierten Kitsch münden, umschiffen Kvelertak clever diese Gewässer mehr oder weniger frei von ermüdenden und aufgezwungenen Gimmicks und richten das Hauptaugenmerk stattdessen auf die Zelebrierung von glorreichem, rotzigem Rock´n´Roll in seiner Reinform. Gegründet im Jahre 2007 in Stavanger im Südwesten Norwegens, arbeitete die sechsköpfige Truppe vehement an musikalischem Output, zuerst in Form der Demo „Westcoast Holocaust“ zwei Jahre nach Bandgründung, nur um ein Jahr später pünktlich zur Sommersonnenwende am 21. Juni 2010 mit einem der aufsehenerregendsten Debüts der Rockgeschichte endgültig ihr Zeichen in der Musikwelt zu setzen.
Wenn, wie der amerikanische Schriftsteller und Lyriker Henry Wadsworth Longfellow formulierte, die Musik die universelle Sprache unserer Spezies sei, dann ist der Gesang, beziehungsweise das Singen unter diesen Umständen gewissermaßen die reine Muttersprache aller Menschen, beruft man sich auf die Aussage des Geigers Sir Yehudi Menuhin; in allen Fällen stellt die Musik eine der kommunikativsten Ausdrucksformen der Menschen dar, welche in der Lage ist, sämtliche Beschränkungen der sprachlichen Ebene aufzulösen und gemeinsam geteilte Erfahrungen zu erzeugen und vor allem zu vermitteln. Das Besondere am selbstbetitelten Debüt der sechs Herren mit Attitüde ist die prompte Verweigerung von schneller kommerzieller Akzeptanz durch das Fehlen von englischen Texten, welche im Genre der Rockmusik bis dato eindeutig dominieren, was hinsichtlich der Historie des Rock´n´Roll schwer von der Hand zu weisen ist.
Stattdessen wird seit dem Derwisch-artigen Debüt „Kvelertak“, mit Ausnahme des 2020 erschienenen „Splid“, welches eine Handvoll Songs auf Englisch vorweist und ironischerweise übersetzt so viel wie Zwietracht bedeutet, durchgehend auf Norwegisch gebrüllt wie gesungen. Die Magie der Musik fängt an zu wirken, sobald es keinen Effekt mehr auf die hörenden Personen hat, in welcher konkreten Sprache gesungen wird und die Musik allein das Reden übernimmt, und sie ist sehr gesprächig auf dem Debütalbum: Treibend und anspornend, sowie energetisch und frenetisch, sodass man am liebsten die Möglichkeit am Schopfe packen und die eingängigen Strophen und Hooks mitgrölen möchte, der klaffenden Sprachbarriere zum Trotz, denn die Inhalte werden durch die dynamischen Riffs und Beats von Songs wie „Mjød“ und „Blodtørst“ gnadenlos in die Gehörgänge gehämmert.
Diese Inhalte befassen sich allem Anschein nach mit Aspekten der nordischen Mythologie, Okkultismus und ausschweifendem Hedonismus, was den offiziellen Booklets zu entnehmen ist, da die Band so gut wie keine Texte offiziell veröffentlicht. Das alles sind Indizien für die Wurzeln des norwegischen Untergrundes in seiner extremsten Ausprägung, dem Black Metal, der komplett in der DNA des musikalischen Schaffens von „Kvelertak“ präsent ist, jedoch nie mit den anderen beiden Haupteinflüssen Classic Rock und Hardcore Punk kollidiert und sie zusammengewürfelt erscheinen lässt, sondern das gemeinsam Erschaffene stets organisch und homogen klingen lässt, so als ob dieser wilde Bastard aus Musikgenres schon immer in dieser Konstellation vorgesehen war.
Hervorzuheben in dem gesamten Gespann sollte unbedingt die stimmliche Performance beider überaus charismatischen Sänger sein, die zwischen rasenden Gekreische und volltrunkener Freude fluktuieren, welche insbesondere auf deren spektakulären und ausartenden Live-Auftritten zur Geltung kommen; Erlend Hjelvik verlieh Kvelertak seit der Gründung bis zum dritten Album „Nattesferd“ sein Organ, bis er 2018 aufgrund der berühmten künstlerischen Differenzen die Band verließ, um dann im darauffolgenden Jahr von Ivar Nikolaisen, welcher im Gegensatz zum Vorgänger bereits Banderfahrung in Gestalt der Punk Rocker The Good, The Bad And the Zugly vorweist, ersetzt zu werden.
Enorm viele der Fans von Kvelertak waren diesem Austausch gegenüber äußerst skeptisch, da Erlend Hjelvik durch seine wahnwitzigen Auftritte in Erinnerung blieb, wie mit seiner ungestümen Bühnenpräsenz zwischen Manie und purer Glückseligkeit, seinem euphorischen Umgang mit dem Publikum und seine effektiv eingesetzte Maske in Form eines ausgetopften Uhus, welche ihn fast schon schamanistisch in Szene setzten. Live ist die Sphäre, in der die Band vollkommen brilliert und gekonnt demonstriert, wie einfach es sein kann, fundamentale Sprachbarrieren zu überwinden.
Letzte Zweifel wurden mit dem Erscheinen des aktuellen Albums und die damit verbundenen Promotouren beseitigt, denn was Energie und Rotzlöffel-Attitüde angeht, so steht Ivar Erlend in nichts nach, euphorisieren und in die Mangel nehmen beherrscht er ebenfalls ausgezeichnet und man darf auf die Zukunft der Band wahnsinnig gespannt sein und darauf hoffen, weiterhin Sprachbarrieren brechende Musik aus den Bergen Norwegens dargeboten zu bekommen.
Retrospektiv gesehen bildet das wahnwitzige Debüt ein absolutes Aushängeschild dafür wie ein erstes Album gestaltet werden sollte, selten sind Debüts derart selbstsicher und professionell arrangiert, was auch damit zusammenhängt, dass Kvelertak, ausgenommen von „Nattesferd“, welches im heimischen Studio komplett live aufgenommen und von Nick Terry (u.a. Turbonegro, The Libertines) produziert wurde, ihren internen Produzenten für ihr Klangbild verpflichtet haben, namentlich Kurt Ballou, welcher in seinen GodCity Studios in Salem, Massachusetts den Aufnahmen den nötigen Feinschliff verpasst. Dass Salem die Austragungsstätte der berüchtigten Hexenprozesse von eben jenem Ort der amerikanischen Ostküste Ende des 17. Jahrhunderts war, ist eine andere Geschichte.
Die Geschichte der Band hingegen ist ein wahrliche Erfolgsgeschichte, welche mit jedem weiteren Album, vom 2013 veröffentlichten Nachfolger „Meir“ (Mehr) bis hin zu den anderen zwei Scheiben durchweg weitere Fans erobern konnte. Kvelertak besteht den Test der Zeit spielend leichtfüßig, denn der ekstatische Mix aus Black Metal Bombardement und raffinierten Rückblicken in die Blütezeit des Rock´n`Roll gepaart mit hingerotzten Punk- Hymnen begeistert auch zwölf Jahre nach Release des Erstlingswerks und zelebriert den jugendlichen Esprit der Rebellion und vereint gleichzeitig unbeschwert über 60 Jahre der Rockgeschichte in ein homogenes Ganzes.
Der Titel des namensgebenden Tracks von Bill Haley und seinen Kometen ist Programm auf mukken.com, nicht zwingend auf das Rock Genre begrenzt, aber im Sinne von Bewegung tut sich auf diesem Portal so einiges. Weitere Künstlerprofile und Reviews sind hier zu finden, ebenso wie fachliche Instruktionen zu verschiedensten Bereichen innerhalb des musikalischen Spektrums. Falls ihr aktiv musiziert und euch professionell vernetzen wollt, beziehungsweise ähnlich eingestellte Leute anheuern wollt, so ist auch dieses auf mukken möglich. Wenn euch dieser Artikel gefallen hat, dann könnte dieser Beitrag über Zeal and Ardor auch etwas für euch sein und hört am besten einfach in die Musik von Kvelertak rein, denn sie hebt sich von der Masse ab und wird Langeweile im Nu im Keim ersticken.
Ursprünglich veröffentlicht am 1. März 2022 aktualisiert am 18. Mai 2022
Fokusthema: Der Schmyt - Underdog, Newcomer und Ausnahmetalent