Amy - das tragische Schiksal der Amy Winehouse
Neuer Beitrag
Das Leben des Elvis Aaron Presley ist so bewegend und schillernd wie sein gesamtes musikalisches Schaffen. Schon seit der Geburt gebeutelt durch den frühzeitigen Kindstod seines Zwillingsbruders, entwickelte sich der junge Elvis zu einem ernst zu nehmenden Künstler durch und durch. Einem Künstler, der davon träumte, seine Heimat Memphis hinter sich zu lassen. Der in die weite Welt hinausziehen wollte. In den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts startete seine Musikkarriere. Und diese sollte durch unfassbare Höhen, aber auch durch abgründige Tiefen bis zu seinem Ableben am 16. August 1977 gehen. Der australische Filmemacher Baz Luhrmann, welcher für seine bildgewaltigen und rasant geschnittenen Streifen wie etwa Moulin Rouge oder Romeo und Julia bekannt ist, nahm sich die Monumentalaufgabe auf die Schultern. Er brachte das bewegte Leben des King of Rock´n´Roll auf die Leinwand – und schuf den Elvis Film.
Ein längst überfälliges Biopic, wo doch der Einfluss von Elvis bis heute sich nachzieht und sein Leben viel Stoff für beeindruckende Erzählungen liefert. Die Trailer lassen bereits erahnen, dass es sich hier um einen Rock´n´Roll Rausch für die Sinne handelt. Ist Elvis eine Zelebrierung eines einzigartigen Musikers? Oder eine zynische Dekonstruktion einer schillernden, aber ebenso kontroversen Figur der Musikgeschichte? Wer weiterliest, erfährt in den folgenden Zeilen die Antwort und mehr!
Das Problem eines jeden Biopics ist es, das bewegte Leben einer besonderen Persönlichkeit in meist nicht länger als zweieinhalb Stunden zu kondensieren – und letzten Endes zu präsentieren. Im Minenfeld der Biopic-Landschaft ergeben sich Dutzende verschiedene Formen, wie ein bestimmtes Leben aufgegriffen und interpretiert wird. Zum Beispiel wäre da das sogenannte trojanische Pferd-Biopic. Dieses setzt sich augenscheinlich nur mit dem Subjekt als Hauptfokus auseinander. Nur, um am Ende auf eine ganz andere Ebene zu lenken. Eine Ebene, die beispielsweise ein größeres gesellschaftliches Problem mithilfe eines bekannten Gesichtes zu durchdringen versucht. Hieran würde sich Elvis guttun. Da es bis ins Jahr 2022 noch keine vernünftige filmische Auseinandersetzung mit dem Megastar gab, böte der Stoff die Möglichkeit, anhand dieser schon zu Lebzeiten umstrittenen Person ein Testament zu setzen. Für all jene, welche im Schatten des King of Rock´n´Roll standen.
Doch der Elvis Film ist keinesfalls ein Biopic der Marke trojanisches Pferd. Denn der endgültige Fokus des Films liegt auf dem musikalischen Rebellen, der die Klänge der segregierten schwarzen Bevölkerung, welche er abgöttisch bewunderte, annahm. Er funktionierte diese neu, um eine musikalische und kulturelle Revolution loszulösen, welche ihm verfrüht das Leben kosten sollte. Wie bereits erwähnt, sind Biopics enorm tückisch. Warum? Weil es in einem wirklichen Leben schlicht zu viele einschlagende Ereignisse gibt, die eine Person definieren. Beziehungsweise, welche die tiefgründigsten Gelüste und Motivationen von historischen Persönlichkeiten niemals gänzlich erforschen könnten.
Mit den Mitteln der Filmkunst wird ein Leben zunächst zu einem gewissen Grad adaptiert, also wird der biografische Rahmen etabliert. Daraufhin folgt die Destillation. Denn die Filmemacher müssen darüber entscheiden, ob und wie viel Material ausgelassen wird, um das Publikum für die Lauflänge bei der Stange zu halten. Im Fall des Elvis Film um die 160 Minuten. Der letzte Punkt der Herangehensweise eines filmischen Biopics besteht in der Verzerrung, welche unwiderruflich eintritt. Denn keine Biografie, weder schriftlich noch audiovisuell, kann zu 100 Prozent akkurat sein. Warum? Weil selbst persönliche Erinnerungen mit der Zeit ihre Effektivität verlieren.
Im Großen und Ganzen lässt sich mit dem Elvis Film die Tragik des Superstars – in Elvis Aaron Presley´s Fall des Megastars – deutlich vor Augen führen. Sie dient als Mahnung an naiven Grundannahmen über das Showbusiness, welche viel zu oft bisher in den persönlichen Ruin führten. Die Geschichte wird überraschenderweise von Colonel Tom Parker, Elvis Presley´s enigmatischen und dubiosen Manager erzählt. Direkt am Anfang lamentiert der Colonel, dass er verantwortlich für den Megastar sei und die Welt ihm gefälligst dankbar dafür sein sollte. Dankbar, Elvis groß rausgebracht zu haben. Für eine Sache kann die Welt diesem Mann tatsächlich dankbar sein: Die Erfindung des Merchandise, die auf Colonel Tom Parker zurückzuführen ist.
Dieser fast schon teuflisch inszenierte Charakter wird von Tom Hanks gespielt, einem der größten Schauspielstars aus Hollywood. Im Elvis Film sehen Zuschauer*innen ihn zum ersten Mal in seiner jahrelangen Karriere in der Rolle eines moralisch ambivalenten Widersachers. Vom Wort "Bösewicht" wird abgesehen, da er nicht intrinsisch böse ist. Er stellt lediglich ein Symptom eines pathologischen Systems dar, welches Stars hervorbringt und wieder zu Fall bringt – wie im Fall von Elvis.
Der Film bewegt sich in einem wahnsinnigen Tempo durch die wichtigsten Eckdaten des Lebens von Elvis Presley. Die zweieinhalb Stunden Filmlänge ziehen sich zu keiner Sekunde. Zu überwältigend sind die Schnittmenge und die schiere Bilderflut, die dem König des Rock´n´Rolls ein glorreich in Szene gesetztes, opulentes Denkmal für die Kinoleinwand (oder die des heimischen Bildschirms) setzen.
Die Titelrolle im Elvis Film wird von Austin Butler gespielt. Dieser wird mit seiner Performance eindeutig bei der kommenden Oscarverleihung auf sich aufmerksam machen. Zuvor war er nur in der bereits abgesetzten Fantasy-Serie „The Shannara Chronicles“ und in einer kleinen Rolle in Tarantino´s „Once Upon A Time in Hollywood“ zu sehen. Dieses recht unbeschriebene Blatt der Schauspielgarde tut Elvis in Sachen Immersion des Publikums enorm gut. Das frische Gesicht sorgt nämlich dafür, diese Person als den Charakter zu akzeptieren. Elvis Presley-Laien wird im Laufe des Films die Tragik des Megastars näher gebracht, der von naiven Traumvorstellungen angetrieben wurde – und am Ende sein Erwachsenenleben als Gefangener seines eigenen Traumes fristete.
Was vielen Menschen nicht geläufig ist, ist der Fakt, dass Elvis Aaron Presley nicht ein einziges Mal in der Persona des Kings die Grenzen der Vereinigten Staaten überquerte. Elvis zeigt die Zeit in der Armee stationiert in Deutschland klar verzerrt. Denn einerseits ist es wahr, dass Elvis Presley für zwei Jahre nach Übersee beordert wurde, um den wachsamen Augen der US – Sittenkontrolle zu entfliehen. Doch seine zukünftige Frau Priscilla lernt er dort bereits mit 14 Jahren kennen und lieben. Im Elvis Film wird sie als junge Erwachsene dargestellt. Als Privatperson verließ der King die USA also schon, doch als Kunstfigur blieb es ihm bis zu seinem Tod 1977 verwehrt.
Ein durchschnittlicher Mann aus Memphis, der die Tanz- und Musikkultur einer unterdrückten Minderheit mit Hilfe seines Talents in ein neues Gewand tauchte. Ein Mann, der eine Generation junger Menschen völlig entfesselte und den Rock´n´Roll zu einem der ikonischsten und langlebigsten populären Musikgenres etablierte. Doch dieser Mann war am Ende des Tages ein weiteres Opfer in einer Kultur der Ausbeutung.
Neben dem schillernden Fokus auf den tragischen Protagonisten in Elvis, zeigt Regisseur Baz Luhrmann einige tiefer gehende gesellschaftliche Risse auf, die bis heute weiterhin ignoriert offen klaffen. Dennoch kann der Vordergrund nicht ohne den Hintergrund bestehen, alles hängt miteinander zusammen. Presley wurde von seinem Manager stets von seinem völligen Potenzial zurückgehalten. Doch Colonel Parker agiert nur auf Willen eines kalten, emotionslosen Systems: der Musikbranche.
Im Film wird es offensichtlich, dass der Colonel kein gebürtiger Amerikaner ist, sondern einen nicht ganz zuzuordnenden Akzent besitzt. In Wahrheit war er gebürtiger Niederländer, der als Andreas Cornelius van Kuijk auf die Welt kam. Nach anscheinender Kollaboration mit den Nazis setzte er sich in die USA ab, um vom kapitalistischen System zu profitieren. Ihm wird auch die Erfindung des Merchandise nachgesagt, was bei seiner Vergangenheit einen bitteren Beigeschmack verliehen bekommt. Wie auch die persönliche Geschichte von Elvis.
Zu weit hinausgewagt mit gerechtfertigter Kritik an der Figur des Elvis Presley wird es in Baz Luhrmann´s Elvis Film nicht. Allerdings wird auch kein Märchen über die damalige Welt erzählt. Der Bilderrausch allein ist sehenswert genug. Dennoch werden im Subtext einige interessante Themen angeschnitten, wie etwa die Kultur der Ausbeutung, aus der Elvis entstammt. Am Ende des Tages war Mr. Presley kein strahlender Held, sondern ein zutiefst gebrochener und verzweifelter Mann. Ein Mann, der in die Fänge einer Maschinerie geriet und von seinem eigenen Traum verschlungen wurde. Auch die schwarze Bevölkerung lieferte er unwissentlich dieser Kultur weiter aus. Denn diese hätte aufgrund von Elvis´ Popularität, welche durch ihre ursprünglichen Klänge geformt wurde, schon seit Beginn der Vereinigten Staatengleichberechtigt und gleichwertig behandelt werden müssen. Ein cineastischer Rausch der Sinne, der den Rock´n´Roll feiert und gleichzeitig als Warnung betrachtet werden kann, nicht blind seinen oder ihren Träumen zu folgen.
Wenn euer Traum etwas mit Musik zu tun hat, dann verfolgt ihn bitte. Nur halt mit der gewissen Umsicht, die nötig ist. Hier auf mukken.com findet ihr sämtliche Kategorien rund um die Musik. Von Features über Bands und Künstler*innen zu Berichten über Bücher und Filme mit der Musik als zentrales Leitmotiv. Auch Instrument-Tutorials und andere Coaching-Artikel sind auf diesem Blog zu finden. Wenn euch dieser Artikel über das Biopic Elvis gefallen hat, dann schaut gerne weiter hier auf mukken.com rein. Zum Bespiel gibt es einen Beitrag über das exorbitante Leben von Anthony Kiedis, Frontmann der Red Hot Chili Peppers, oder einen über den schockierenden Punk Rocker GG Allin. Noch mehr Elvis-Content gibt es in diesem Beitrag. Schaut mal rein, es lohnt sich!
Ursprünglich veröffentlicht am 9. August 2022 aktualisiert am 13. September 2022
Fokusthema: Bo Burnham: Inside – Eine dokumentarische Musikkomödie für unsere verwirrte Zeit