Amy - das tragische Schiksal der Amy Winehouse
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Die Red Hot Chili Peppers bedürfen keiner Einführung heutzutage; zu groß ist deren popkultureller Einschlag in deren mittlerweile sage und schreibe fast vierzigjährigen Karriere, welche durch absolute Höhepunkte und vernichtende Tiefpunkte gekennzeichnet wird und es an ein Wunder anmuten lässt, dass die Kernformation, welche sich für das neueste Album „Unlimited Love“ glücklicherweise wiederzusammenfinden konnte. Anthony Kiedis am Gesang, Michael „Flea“ Balzary am Bass, Chad Smith am Schlagzeug und last but not least John Frusciante erneut an der Gitarre nach zwei Alben Abstinenz, und dass diese Herrschaften noch am Leben sind, mit besonderem Augenmerk auf Frusciante and Kiedis, grenzt an ein Wunder.
Letzterer hat 2004 für internationales Aufsehen gesorgt mit dem Erscheinen seiner in Co-Produktion mit Larry Sloman verfassten Autobiografie „Scar Tissue“, namensgebend war der gleichnamige Song auf dem Klassiker „Californication“ und treffender hätte die Titelgebung nicht ausfallen können. Die zutiefst bewegende, absolut nichts und gar nichts verharmlosende persönliche Geschichte gespickt von allerlei Grenz - und Nahtoderfahrungen illustriert ein schmerzhaftes wie poetisches Porträt eines Mannes, der völlig frei von der Seele spricht, ein Soul Striptease sozusagen, und dabei Teil einer der prägendsten und wichtigsten Gruppen einer gesamten Generation wurde, dessen tiefes Narbengewebe das Fundament eines bemerkenswerten Werdeganges legen sollte.
In seinem Buch berichtet Anthony Kiedis ausführlich über seine frühe Kindheit in Michigan und seinen späteren alleinigen Umzug nach Los Angeles, um seinem Vater, einen bemühten aber erfolglosen Schauspieler in Hollywood mit dem klangvollen Künstlernamen Blackie Dammet, näherzukommen, da sein freizügiger und insbesondere sein gesetzloser Lebensstil den jungen Anthony schwer beeindruckten und somit waren ihm schon im präpubertären Alter die Pforten von Sex ,Drogen und Rock and Roll weit geöffnet, seinen ersten Drogenrausch erlebte er im Beisein seines Vaters, welcher sich aufgrund des schlecht laufenden Hauptberufes als Schmuggler für Marihuana und später noch China White Heroin über Wasser hielt.
Auch die erste sexuelle Erfahrung organsierte Blackie für seinen Sohn, ausgerechnet mit seiner damaligen Freundin, und so wuchs Anthony im modernen Wilden Westen von Hollywood auf, was bei ihn dafür sorgte, dass er recht früh ein enormes Selbstbewusstsein entwickelte, welches instrumental für seine kommende Karriere bei den Red Hot Chili Peppers als ikonischer Frontmann werden sollte.
In L.A. besuchte Anthony dann die Fairfax High School, auf der er die erste Inkarnation der Red Hot Chili Peppers kennenlernte: Flea gewohnt am Bass, Hillel Slovak an der Gitarre und Jack Irons am Schlagzeug, damals noch unter dem Namen „Tony Flow And The Majestic Masters of Mayhem“, dessen einziger Sinn darin bestand, gewohnte Musikkonventionen aufzubrechen und mehr darauf zu achten, eine Jam-basierte Band zu werden, in dem die kosmische Freiheit, die ein Jimi Hendrix mit seiner grenzenlosen Gitarrenarbeit heraufbeschwört hatte, weiter an die Massen gebracht werde.
Außerdem, und dies soll bis zu diesem Tage weiterbestehen, sieht sich die Band als Gefüge, in dem jeder Teil individuell scheinen darf und kollaborativ an musikalischen Kompositionen gearbeitet wird, es gibt keinen Platz für Diktatoren bei den Chili Peppers. Eine weitere Angewohnheit, welche erst im späteren Verlauf der Karriere hinzukam, und welche nach wie vor beibehalten wird ist der Vorschlag von Flea, bei großen Tourneen bewusst ein paar Tage zur Erholung freizunehmen, da diese Laut Sicht von Kiedis lebensrettend seien.
Das bereits erwähnte früh geformte Selbstbewusstsein, welches Anthony Kiedis aufgrund seiner Lebenslage bei seinem Vater sich angeeignet hatte, half ihm in seiner Jugend, sich spielend leicht durch das Leben zu mogeln, Gelegenheitsverbrechen wie Beschaffungskriminalität standen beim pubertierenden Kiedis an der Tagesordnung, da er kein festes moralisches Vorbild in seinen frühen Jahren abseits der Mutter kennenlernte, welche er früh für ein abenteuerliches Leben mit seinem von ihm vergötterten Vater verlassen hatte.
Während er im L.A. der frühen 80er völlig grenzenlos hausierte, mit regelmäßigen Polizeirazzien inklusive, da sein Vater mit einigen zwielichtigen Gestalten Geschäfte machte, begann seine Karriere als einer der charismatischsten Frontmänner der Rockgeschichte völlig unverhofft: Seine Freunde Flea, Hillel und Jack waren allesamt kompetente Musiker, während Anthony Kiedis keine Erfahrung mit Musikinstrumenten, geschweige denn Gesang mitbrachte. Ursprünglich wurde Kiedis von seinen Freunden dafür angeworben, deren offizieller Ansager für Konzerte zu sein, da er solch ein ausgeflippter Entertainer war und somit die Meute aufheizen könne. Doch dann entdeckte Anthony die Kraft des Sprechgesanges, namentlich Rap, und dies sollte ihn zu seinem Schritt, der feste Sänger der Gruppe zu werden, bestärken.
Wenn die alten Scheiben wie das selbstbetitelte Debüt oder „Freaky Styley“ erklingen, so ist mit sofortiger Wirkung der Rap – Einfluss in der Gesangsperformance von Kiedis zu hören, ein Stil, welchen er bis heute auch beibehält, doch mittlerweile versucht er sich an viel mehr emotional resonierenden Klargesang, wofür er für Album für Album über die Zeit hinweg verschiedene Gesangskurse belegte. Was an den klar gesungenen Passagen besonders heraussticht, ist die enorme emotionale Verletzbarkeit, die offen dargelegt wird, und mit Blick auf die Texte, für welche Anthony Kiedis komplett verantwortlich ist, werden hier authentische Geschichten aus einem bewegten Leben geschildert.
Authentizität ist das Zauberwort, welches mitverantwortlich dafür ist, dass die Band überhaupt in diesem Ausmaß kulturell resonieren konnten. Mit Hinblick auf die Autobiografie wird es besonders klar und einem stellenweise sogar flau im Magen, wenn die exakten Hintergrundgeschichten für die Inspirationen einiger ikonischer Songs brutal offen dargelegt werden. So in etwa „Tearjerker , welcher sich im Endeffekt um den Umgang mit dem Tod von Kurt Cobain auseinandersetzt, da dieser aufgrund von geteilten Shows ein guter Freund für die Red Hot Chili Peppers wurde, und eine der Hymnen der Band schlechthin, „Under The Bridge“ konfrontiert Anthony mit seiner exzessiven Drogenvergangenheit, allen voran Kokain und Heroin, über die schonungslos in Scar Tissue berichtet wird.
Die besagte Drogenabhängigkeit, allen voran der intravenöse Gebrauch von Heroin, welche von der gesamten Formation ausgelebt wurde, und Gründungsmitglied Hillel Slovak 1988 das Leben kostete, zieht sich wie ein roter Faden durch Kiedis´ privates Leben, bis es ihm im Jahr 2000 nach einigen Rückschlägen endlich gelang, dauerhaft dem Stoff abzuschwören. Im Buch gibt es zahlreiche Anekdoten zu den teilweise lebensbedrohlichen Situationen, die ein heroinabhängiger Anthony Kiedis erlebte, wie beispielsweise im Vollrausch 1984 mit dem Auto gegen einen Baum zu rasen und sich dabei den Schädel beinahe spalten zu lassen.
Glücklicherweise war genau zu dem Zeitpunkt ein örtlicher Sanitäter vor Ort, der den Unfall bemerkte und Kiedis das Leben rettete. Auch die Geschichten über seine spirituelle Selbstfindung, für die er um ein Haar im Dschungel umgekommen war und sogar den Dalai Lama persönlich treffen durfte, sind faszinierende Steine im Mosaik, welches Scar Tissue mit seinen 465 Seiten bildet und jeder Leser und jede Leserin findet wohl ein individuelles Highlight dieses bewegten Lebens.
Nach dem Tod von Hillel Slovak brach eine neue Ära der Band an, als sich die Gruppe nach dem tragischen Verlust neu zusammenstellte, Kiedis und Flea als einzige Gründungsmitglieder bleiben bis heute erhalten, und Chad Smith und John Frusciante bereicherten den musikalischen Kosmos immens und sorgten für die konstante Evolution der Truppe.
Der extrovertierte Smith und der sensible Frusciante, der eine völlige Offenbarung als kreativer, enorm von Hendrix beeinflusster Gitarrist ist, rundeten das Gesamtpaket ab. In dieser Konstellation kamen mitunter die magischsten Alben ihrer Diskografie zustande: Mother´s Milk, Blood Sugar Sex Magik und natürlich Californication, welches nach dem Lesen der Lektüre einen komplett neuen Hörgenuss offenbart, wie auch der Rest des nun seit 1984 bestehenden Katalogs, welcher anno 2022 12 Studioalben zählt.
Scar Tissue enthüllt interne Spannungen, die zu Frusciante´s vorzeitigen Ausstieg der Band führten und die herzergreifende Geschichte des Wiedereinstiegs, welcher zum kommerziellen Höhepunkt der Chili Peppers führte und eine gesamte Generation mit ihren durch Herz, Schweiß und einer Menge Blut kreierten Sound maßgeblich prägte. Alteingesessenen Fans sowie allen musikhistorisch interessierten Personen bietet Scar Tissue einen rohen, ungefilterten und extrem intimen Einblick in die schillernde Welt des lyrischen Kopfes der Funk Rock Legenden aus der Stadt der Engel.
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Ursprünglich veröffentlicht am 17. Mai 2022 aktualisiert am 19. Oktober 2022
Fokusthema: Belting – eine Gesangstechnik mit zwei Medaillen-Seiten