Ukulele lernen – so klappt’s mit dem Mini-Instrument
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Der Teufel und die Musik, eine Paarung die seit Anbeginn der Ära der populären Musik immer wieder aufs Neue auftaucht, sei sie lediglich von negativen Kritiker*innen angedichtet, um somit jegliche Chance auf kommerziellen Erfolg zunichte zu machen, oder gar von der übergeordneten Staatsform, beziehungsweise dem großen ideologiestiftenden Organ; im Mittelalter war es die Kirche, welche damals schon Musiker der Ketzerei und Konspiration mit dem Gehörnten bezichtigte aufgrund der Nutzung des Tritonus, dem dissonanten Dreiklang auch bekannt als „Diabolus in Musica“; heutzutage sind es andere Instanzen, die darüber entscheiden, was moralisch richtig und falsch sein soll. Ergo gibt und gab es schon immer restriktive Kräfte von außen, die den ungefilterten kreativen Ausguss eines jeden Künstlers stark beeinträchtigen und in manchen Fällen sogar gänzlich sabotieren.
An dieser Stelle sollte das Augenmerk auf die Schweizer Formation Zeal & Ardor (zu Deutsch Eifer & Inbrunst) gelenkt werden, im Kern das Soloprojekt des Amerikaschweizers Manuel Gagneux, mittlerweile ist es zu einem regelrechten Kollektiv angewachsen. Gegründet im Jahre 2013 und angefangen als ein ebenso verrücktes, wie auch geniales Gedankenexperiment, welches davon ausgeht, dass die ausgebeutete, versklavte schwarze Bevölkerung in einer alternativen Geschichte sich spirituell den Besatzern zur Wehr setzte, indem sie nicht die „Religion des weißen Mannes“ akzeptierten, sondern sich seinem dunklen Widersacher zuwendeten und ihm anstelle Gottes Anbetung und Ehrerbietung zollten, all dies in Form der musikalischen Fusion zwischen Gospel und Black Metal. Aus dieser gottlosen Aktion wurde kurzerhand ein seriöses Projekt, welches nur wenige Jahre später international für Aufsehen sorgen sollte.
Das Besondere an diesem musikalischen Output ist die Fähigkeit von Gagneux, zwei oberflächlich komplett verschiedene Stilrichtungen schlüssig und komplementär miteinander zu vereinen. Selbst stimmlich schafft er es filigran zwischen zwei Welten zu wechseln: Zum einen berührt seine soulige, kraftvolle Stimme von den ersten Tönen an und transportiert direkt das inhärente Leid einer ganzen Kultur an die Zuhörer*innen, und zum anderen beherrscht er die Technik des unmenschlich hohen, hasserfüllten Kreischens, welches eines der typischen Merkmale des Black Metals ausmacht. Hinzu kommen minimalistische, Mantra-artige Texte, die auf der einen Seite die Lobgesänge der Kirche widerspiegeln, diesmal nur mit einem okkulten Western Flair ausgestattet, und auf der anderen Seite wird auf lyrischer Ebene die bewusste, absichtliche Repetition, welche als charakteristisches Merkmal dem Black Metal innewohnt und darauf zielt, einen möglichst hypnotischen, gar Trance-artigen Zustand beim Hören zu generieren, widergespiegelt.
Außerdem ist es von Bedeutung, den Kontext zu etablieren, dass diese zwei musikalischen Welten repräsentativ für die Vergangenheit und Zukunft stehen, denn die Einflüsse des Gospels stehen für die Anfänge der Rockmusik, da auf dessen Grundlage alle weiteren Genres sich über die Zeit bildeten, und die Elemente des extremen Metals stehen für die kreative Kulminierung der Rock´n`Roll Bewegung. Interessanterweise, da der Black Metal als Advokat für Satanismus gilt, finden in eben jenem Satanismus Rituale wie die schwarze Messe statt, die hauptsächlich dazu dienen, die vorherrschende Religion des Christentums weiter zu verhöhnen, in dem integrale Bestandteile christlicher Messen kopiert werden zu einer Inversion des Heiligen, die in der Musik von Zeal & Ardor eindeutig aufzufinden ist.
Das Debüt „Devil Is Fine“ von 2017 besticht gleich von Beginn an durch ein interessantes Klangbild, welches vorher in keinerlei Form mit dem harschen Ausdruck des Black Metal einherging; rasselnde Kettenbeats, welche an die Anfänge der Rockmusik erinnern, namentlich den sogenannten „Chain Gangs“, als afroamerikanische Sklaven*innen an den Füßen beieinander gekettet waren und entmenschlichende Zwangsarbeit verrichteten; den einzigen Trost spendeten ihre aus der Not geborenen Klagelieder, welche im Endeffekt die Anfänge der modernen Rockmusik begründeten, denn daraus resultierte der Gospel, welcher wiederrum den Rhythm and Blues prägte, und dieser ließ letztlich den Rock´n´Roll gedeihen.
Ebenso auffällig sind die häufig verwendeten „Call & Response“ Passagen, welche direkt aus dem Buch des Gospels entstammen und integrale Bestandteile US-amerikanischer Kirchenmusik ausmachen, die Gagneux an seinen bandinternen Dreierchor mit einem satanischen Twist weiterreicht, um die Ironie weiter auf den Punkt zu bringen, in dem die Besatzungsreligion gekonnt mit ihren eigenen Mitteln verspottet wird. Inspiriert genug klingt das Debüt von 2017, allerdings lassen eine kurze Spieldauer von knappen 25 Minuten und ein paar Experimente, die noch nicht ganz aufgingen, wie beispielsweise die misstönenden instrumentalen Interludes, welche den Gesamteindruck etwas schmälern, doch Gospel und Metal Elemente sollten weiter auf zukünftigen Releases florieren.
Diese schmälernden Elemente wurden gänzlich auf dem im folgenden Jahr erschienenen Nachfolger „Stranger Fruit“ eliminiert; jeder der Songs zeichnet sich durch klare eigenständige Charakteristiken aus, welche ihnen jeweils eine klare Handschrift verpassen, im Gegenzug aber auch das gesamte Konzept des zusammenhängenden Albums unterstreichen und nahtlos mit einweben lassen, ein eindeutiges Indiz auf kompetentes, inspiriertes Songwriting, wo jedes Lied eine Schraube im Uhrwerk repräsentiert, welches präziser und präziser nach jedem Durchlauf aufgezogen wird .Kurzum ein anmutig fließendes Album, welches von der ersten bis zur letzten Sekunde zu keiner Zeit langweilt und die brodelnde Inbrunst des Kollektivs hervorragend zur Schau stellt.
Später wurde die lyrische Thematik immer gegenwärtiger, die EP „Wake of A Nation“ von 2020 verdeutlicht dies offensichtlich, mit klaren Zitierungen schlagkräftiger Phrasen, welche innerhalb des Jahres um die Welt gingen und auf noch andauernde ethnische Missstände innerhalb der amerikanischen Bevölkerung hindeuten, bestes Beispiel hierfür wäre in dem Fall der instrumentale Titel „I Can`t Breathe“, welches eindeutig Bezug auf die tragischen letzten Worte von George Floyd nimmt, oder aber auch der Track „Tuskegee“, welcher mit den inhumanen Syphilis – Experimenten an der ausgewählten schwarzen Bevölkerung in jenem Ort in der 1970er Jahren abrechnet. Niemals defätistisch und stets inbrünstig antagonistisch gegenüber der vorherrschenden Hegemonie spiegelt die wahnsinnige Kombination aus Gospel und extremer Gitarrenmusik eine lodernde Hoffnung auf eine bessere Zukunft wider.
Laut Angaben der Band soll das just am 11.02. erschienene Album "Zeal and Ardor" am ehesten die künstlerische Vision von Manuel Gagneux widerspiegeln und akustisch auf den Punkt bringen, daher die Entscheidung, es als selbstbetiteltes Album für sich sprechen zu lassen. Dritte Alben sind oftmals wichtige Grenzsteine vieler verschiedener Interpreten*innen im Laufe der Musikgeschichte, genau wie in magischen Kreisen die Drei selbst als magische Zahl gesehen und interpretiert wird. Auf diesem dritten Album verzeichnet sich ein enormer Quantensprung nach oben verglichen zu den vorangegangenen zwei Alben, allein was Produktion und Arrangements anbelangt, selbst die ehemals nicht ausgereiften elektronischen Parts fügen sich organischer ins Ganze ein, und dass die Formel, welche Gagneux und Konsorten sorgsam über die Zeit etabliert und kultiviert haben, immer natürlicher wirkt und mittlerweile zu etwas komplett Eigenständigem heranreifen konnte:
Schaurig-schöne Melodien, welche die Zuhörerinnen beim Lauschen heimsuchen, hinzu kommt eine ordentliche Wallung angestauter Wut auf die Gesellschaft, welche sich in den noch weiter ausgeprägten Riffs entlädt, und genau diese feine Linie schafft es, für ein komplexes Hörvergnügen zu sorgen, dass weitere Durchläufe des Albums retrospektiv belohnen wird, in welchem erneut Feuer und Eifer, gepaart mit melancholischen bis hin zu infernalischen Lobgesang, entfesselt werden um einen Aufruf zu starten, der die musikalische Welt in ihren Grundfesten erschüttern will. Die folgende Textzeile vom neuen Album bringt die Kernaussage des musikalischen Schaffens deutlich auf den Punkt:
Deus
Magnus
Niger
Quoniam
= Gott ist ein großer schwarzer Mann.
Falls unter euch Menschen sind, denen die Musik von „Zeal & Ardor“ berührt und unter die Haut geht, und die das Bedürfnis verspüren, sich mit Gleichgesinnten über dieses Thema oder ähnliche Themen auszutauschen, dann nutzt die Gelegenheit und schaut gerne auf mukken vorbei, denn diese Plattform bietet ein mannigfaltiges Arsenal an verschiedenen Netzwerkmöglichkeiten für Musikerinnen, eventuell kommen dabei neue vorwärtsdenkende Klangschmieden heraus, die wie Gagneux und Co. für Furore in der Welt der Musik sorgen werden. Wenn dies nach zu astronomischen Ambitionen klingt, dann verweilt ruhig gerne im Blog, hier kommen regelmäßig neue Beiträge zu den unterschiedlichsten Themen, vor allem aber Features zu Künstlerinnen, welche die zusätzliche mediale Beachtung mehr als verdient haben. Egal für welchen Pfad ihr euch entscheidet, hier auf mukken sind alle Musikbegeisterte herzlich willkommen!
Ursprünglich veröffentlicht am 13. Februar 2022 aktualisiert am 18. Mai 2022